Sternenhimmel
Der Handel befindet sich im Endspurt, überall hängen blinkende Girlanden herum, die Kraftwerke laufen auf Hochtouren, denn Solarenergie und Weihnachten sind schwer vereinbar, jedenfalls auf unserer Erdhalbkugel.
Das mit dem Schmücken nimmt für meinen Geschmack mittlerweile Dimensionen an, die jenseits dessen liegen, was dem konzeptionellen Gedanken dieses — nur zur Erinnerung — christlichen Festes zu Grunde liegen: Da geht es um einen Termin in ferner Vergangenheit, bei dem ein Kind in einem Stall geboren und einer Futterkrippe zwischengelagert wird, weil sonst weit und breit nichts ist. Immerhin, da macht ein neuer Stern ein bisschen Licht, damit Mutti Maria nicht versehentlich oben statt unten einwindelt, aber das war es dann auch.
Dass einige E-Werk-Beglücker alle Ersparnisse allweihnachtlich in Sternenlicht-Derivate in Form lichterkettenbehangener Behausungen stecken, ist schon länger keine Neuigkeit mehr. Wer sonst keine Hobbys hat und sich gern am Stromzähler schwindelig schaut, weil er Alkohol nicht verträgt und ihm härtere Drogen nicht geheuer sind — bitte. Bis Nachbars Lumpi mal auf die billige Baumarkt-Lichterkette (Resterampe Praktiker?) strullert und mitleuchtet. Dann gehen die Ersparnisse wohl erst mal für was anderes drauf. Aber das ist alles nichts gegen die neueste Powerbeleuchtungsaktion, die ich gestern erstmals wahrgenommen habe.
Gestern Nacht bin ich nichts Böses ahnend über die A2 von Berlin kommend in dunkler Nacht gen Heimat gefahren, da fing es nach einer Kurve in der Ferne an. Drei rote Punkte mit einem sich nicht erschließenden Takt. Sie waren nicht allein. Da kamen immer mehr dieser Dreierformationen aus dem Dunkel und näherten sich mir. Genauer: ich mich ihnen. Da ich die Strecke öfters fahre, war nach einer kurzen Irritation klar: Das sind die Windmühlen, die dort auf diesem Streckenabschnitt ebenso prächtig wachsen, wie früher das Korn auf den Feldern, auf denen die Dinger stehen. Das Korn hat halt niemanden angeblinkt. Dass die dreiarmigen Monster Positionslichter für die Flugzeuge brauchen, sehe ich ja irgendwie ein. Wobei ein so niedrig fliegender Jumbo in dieser Gegend darauf wahrscheinlich keine Rücksicht mehr nehmen kann, weil er andere Sorgen hat. Ob es Störchen und anderen Vögeln hilft, würde ich vorsichtig anzweifeln wollen. Aber: Vorschriften sind immer für was gut, also: Blinken.
Bisher waren mir da aber immer nur einzelne Lämpchen aufgefallen, die mehr oder minder unmotiviert vor sich hingeblinkt haben. Gestern stieß diese Freiflächen-Lightshow jedoch in völlig neue Dimensionen vor: die Dinger blinkten synchronisiert. Da ist also kein bunter Lichterhaufen, der wild und lustig durcheinander blinkt. Nein. Das ist eine Phalanx präzise synchronisierter roter Lichter, die einen für außen Stehende nicht entzifferbaren Morse-Code in den Himmel senden. Allerdings kann ich nicht ausschließen – es war ja dunkel! – dass es ersatzweise ein außerirdisches Flugobjekt gewesen sein könnte, das sich zwischen den Windrädern versteckt hatte und alle, die vorbei gefahren sind, haben sich vermutlich gedacht: diese Windrad-Fuzzies! Haben die nichts Wichtigeres zu tun, als das Geblinke zu synchronisieren? Man kann´s zu Weihnachten auch übertreiben!