Die Illusion von SicherheitAlleEuropaqual?

abseitig

Babylon ist kein Problem

Erstellt: 15.05.2014 Lesedauer 2 - 3 Min.

Gestern war ich geschäftlich unterwegs. Immer wenn der Hunger kommt rücken dann die international bekannten Bulettenbratereien in den Fokus, die sich an deutschen Autobahnen und Bundesstraßen aufreihen. Denn sie haben für leicht auffindbare Einträge in den einschlägigen Registern gesorgt, und sind deshalb in den digitalen Kartenwerken unübersehbar. Falls doch, sorgen TripAdvisor oder Umkreissuche dafür, dass aus dem übersehen häufig ein hingehen wird.

Ich bin kein erklärter Fan. Ich bin da eher pragmatisch. Denn es gibt zumindest eine Vorhersehbarkeit des Angebots und der Standards. Weil ich mir grundsätzlich die schlichten Modelle aus der Palette aussuche, die häufig nur noch beiläufig auf den erschlagenden Bildinformationstafeln über der Kassenzeile prangen, die groß, mit alles doppelt, und davon noch besonders viel, anbieten, ergeben sich fast immer drei Standardvorgänge:

  1. Der Servicemitarbeiter versucht mit einem gewissen Nachdruck, dass ich doch über weitere Angebote nachdenken soll. Meistens ausgelöst aufgrund der geringen Summe, die ihr oder ihm aus der Kasse entgegen leuchtet.
  2. Ich muss warten, weil schlichte Burger um die Ein-Euro-Marke offenbar nicht in der zentralen Gunst der Kunden stehen, weshalb es keine Bevorratung gibt. Der Burger muss speziell für mich gefertigt werden.

Ein durchaus gewollter Aspekt der Bestellung. Ein kurzer Blick in die Bevorratungsregale beeinflusst daher immer die konkrete Wahl. Wovon ich nichts sehe, das bestelle ich. Und (mittlerweile) immer nur einen, denn natürlich könnte ich problemlos drei oder vier essen, aber einer sättigt letztendlich genauso gut, wenn ich im einfach ein wenig Zeit dafür lasse. Nur kostet es entsprechend weniger. Und: Es ist und bleibt Junk Food.

  1. Ich habe zwar zum Mitnehmen bestellt, brauche dann aber keine Tüte.

Für einen Burger ist das doppelt und dreifach einpacken einerseits albern, andererseits sehe ich nicht ein, warum der Anbieter für hier essen deutlich weniger Mehrwertsteuer zahlt, aber diesen signifikanten Kostenvorteil von 12% nicht an mich weitergibt. Also soll er die höhere Mehrwertsteuer bezahlen, so haben wir alle wenigstens was davon. Klar. Er plakatiert schön bunt, hält die Bude sauber und hat (meistens) ordentliche Klos. Aber das Essen ist für alle gleich eingepackt (abgesehen von der Tüte) und wenn es nicht sauber etc. wäre, würde niemand kommen, ist also Selbstzweck. Für die Toiletten gibt es die Lösung der Erst Pullern, dann Essen - Bons - also kein Argument.

Bemerkenswert finde ich in diesen modernen Versorgungstempeln die auffallend häufig anzutreffende Artenvielfalt der Spezies Mensch hinter dem Tresen. Das hat etwas von modernem Babylon. Gestern abend, beim Verlassen einer Raststätte mit außerordentlich internationalem Servicepersonal hat sich — nicht genau so (dramaturgisch überhöht), aber in wesentlichen Elementen — diese Geschichte ereignet:

Ein kroatischer Geschäftsmann auf dem Weg nach Polen machte Rast an einem österreichischen Tankstellen-Bistro. Ein türkischer Mitarbeiter weist ihn darauf hin, dass mexikanische Woche sei und es Wraps gäbe. „Thank you, I would prefer Dutch salad“ erwiderte der Reisende, ohne auf das für ihn Unverständliche einzugehen und wendet sich der attraktiven italienischen Aushilfe zu. Die erklärt ihm auf Französisch, dass der holländische Salat aus sei. Ein amerikanischer Riesenburger mit deutschem Rindfleisch wäre doch eine prima Alternative, wovon sich der Hungernde nach einigem Überlegen überzeugen lässt. Den packte der chinesische Austauschstudent prompt auf den Grill. Der afrikanische Schichtleiter frittiert noch ein paar belgische Fritten dazu.

Dank der bunten Schilder aus einer tschechischen Druckerei, auf die alle Beteiligten mit dem Finger zeigen konnten, gab es keinerlei Sprachprobleme.

Dazu läuft dann idealerweise noch Rise like a Phoenix von Conchita Wurst in irgend einem Radio und wir haben einen schlagenden Beweis im Alltag, dass wir alle prima miteinander klar kommen, wenn wir nur wollen und andere einfach als das akzeptieren, was sie sind: Menschen.