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abseitig

Müll ist Wissenschaft

Erstellt: 09.02.2014 Lesedauer 3 - 4 Min.

Auf 51 Seiten erläutert die Stadt Braunschweig „Alles zum Thema Abfall“. Und droht auf dem Titel, im Internet gäbe es noch mehr. Mit dem Müll haben wir Deutschen ja eine sehr besondere Beziehung. Für alles gibt es ein eigenes Tönnchen oder Säckchen und ganz individuelle Abholzeiten.

Selbstverständlich ist Müll vielfältig und enthält Wertstoffe. Schonender Umgang mit Ressourcen ist eine tolle Sache, allerdings zieren den Innenumschlag der Braunschweiger Müllbibel bereits vier Tonnen. Eine blaue, eine graue mit grauem Deckel, eine graue mit gelbem Deckel und eine grüne.

Die Graue ist für richtigen Müll, also Reste, auf die keiner Lust für Recycling hat. Bemerkenswerterweise wird im Innenstadtbereich zweimal pro Woche geleert, etwas außerhalb nur einmal alle zwei Wochen. Aber nur, wenn die Tonne nicht weiter als 15 Meter vom Straßenrand wegsteht. Warum das so ist, wird nicht weiter begründet, ebensowenig ob und wenn ja wie sich das für die Innenstädter in den Kosten niederschlägt.

Die Grüne ist für alles, das man früher auf den Kompost warf. Bis das hauseigene Recycling mangels Garten oder aufgrund des Umstands, dass Biomüll für freilebende Kleinwildtiere eine magische Anziehung hat, aus der Mode kam. Das kleine grüne Monster wird alle zwei Wochen geleert und hat dann im Sommer entsprechend gegärt. Dafür gibt es dann — gegen einen kleinen Obulus — einen Reinigungsservice. Der — bei ordentlicher Befüllung — daraus gewinnbare hochwertige Kompost kann dann gegen Geld bei der Stadt gekauft werden. Man zahlt also fürs loswerden und wiederbekommen, hat noch Arbeit damit und wer weiß was von Unbekannten dazwischen. Als Städter mit Kleingartenidyll warte ich stattdessen lieber die Verrottungszeit meines Komposts ab.

Oder man hat, wie die Tipps zur grünen Tonne verraten, ein schattiges Plätzchen, wickelt die Abfälle in Papier und bettet alles auf zerknülltes Papier am Boden, damit „ES“ nicht festklebt und nutzt natürlich die speziellen Papier-Haushaltsbeutel. Die lassen sich allerdings unkomplizierter lagern und können zum Glück ebensowenig wie die anderen Abfallsäcke denken. Was wohl los wäre, wenn die wüssten, dass die alleine dafür geboren werden, damit sie auf den Müll wandern.

Die Blaue ist extrem spezialisiert und damit in vielen Fällen auf flankierende Unterstützung der Wertstoffcontainer, die überall im Stadtgebiet aufgestellt sind angewiesen. Denn ein paar Amazon-Kartons machen das Teil voll und die Finger beim Zerreißen wund. Zu allem Überfluss wird sie nur alle vier Wochen geleert. Offenbar bekommen die Müllentscheider in Braunschweig keine Prospekte mit der Post.

Die graue mit dem gelben Hut ist noch so ein Spezialist. Die ist für Plaste und Elaste, sowie Metallisches, aber nicht elektrisches. Wer seinen Rasierer zerlegt, kann die Außenteile dann als Kunstoffgegenstände und das Innenleben als Metallgegenstände reinwerfen. Als Rasierer am Stück darf er aber nicht rein. Alles ziemlich logisch, wenn man nicht weiter drüber nachdenkt.

Dann gibt es noch die bereits oben erwähnten Papiercontainer im Stadtgebiet. Damit die nicht so allein sind, stehen die mit Ihrem Kumpel Altglaskontainer rum. Skatbruder Plaste und Elaste wurde wegen grau-gelb arbeitslos. Dann kommt noch das Schadstoffmobil vorbei, für das ein ausgeklügelter Fahrplan mit Haltestellen vorgestellt wird. Elektrogeräte und anderes kann an großen Abgabestellen — gegen Gebühr — vorbei gebracht werden, die dann mit dem Recycling schön dran verdienen. Den so beliebten Sperrmüll haben sich die Autoren als Highlight am Ende der Aufzählung bewahrt. Der muss beauftragt werden und kostet ebenfalls extra.

On Top kann man auch einen Container beauftragen. Für Garten- und Baureste. Per Definition ist Schnee ebenfalls Müll, denn die Räumung und Bekämpfung ist in der Müllbibel ebenso detailliert erläutert, wie die Entsorgung des jahresendlichen Weihnachtsbaums.

Ich kann mich noch erinnern, dass ich als Kind den Biomüll auf den Kompost, die Milchflasche zurück zum Milchmann und alles was verwertbar war zum Schrotthändler gebracht habe, der mir dafür ein paar Groschen gab. Da habe ich gern gesammelt, denn das wurde belohnt und das auseinander sortieren haben Spezialisten gemacht. Mittlerweile ist der Schrotthändler weg, wir alle sollen uns auf Müll spezialisieren und werden dafür zur Kasse gebeten. Wenig verwunderlich, dass immer häufiger wilde Deponien rund um Werstoffcontainer oder an etwas einsameren Straßen entstehen und es vermehrt abgeschlossene Mülltonnen gibt. Ein Einbruch dort führt zu GAMU, den größten anzunehmenden Müllunfall. Denn bösartige Müllbringer werfen natürlich Elektroschrott in die Biotonne. Die ultimative Todsünde.