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Gesellschaft

Alles Terroristen!

Erstellt: 21.01.2015 Lesedauer 3 - 4 Min.

Ich finde es irgendwie auffällig, wie effektiv unsere Sicherheitskräfte plötzlich sind. Kaum ein Tag, an dem kein Terroristen-Clan ausgehoben und stolz präsentiert wird. Als hätte man die irgendwo gezüchtet und zum Jahresanfang zum Fangen-Spielen rausgelassen.

Beim Absturz der Air-Asia-Maschine atmen alle erleichtert auf: War kein Terror-Anschlag! Welch ein Segen.Welchen Wert das für die Toten und Hinterbliebenen hat, ist mir unklar.

Jetzt gehen wieder die Reflexe los. Vorratsdatenspeicherung, das Recht des Staates zum Schnüffeln und weitere fragwürdige Sachen kommen gerade wieder auf den Forderungstisch. Ich war am Wochenende bei Herrchens Frauchen im Jubiläumsprogramm. Frau Politt hatte da ein sehr griffiges Beispiel, was das bringt:

Wer nichts zu verbergen hat, muss sich nicht vor der Vorratsdatenspeicherung oder der Beobachtung durch die Geheimdienste fürchten. Nehmen wir doch die NSU als Beispiel. Über die wusste der BND genau Bescheid. Und? Wurden die in irgend einer Weise in ihrer Bewegungsfreiheit oder ihrer persönlichen Entfaltung eingeschränkt?
Quelle: Programm Herrchens Frauchen

Ich räume ein: ziemlich knackig. Allerdings: Stimmt irgendwie. Komisch, dass da mit Frau Zschäpe nur eine Übrig-Gebliebene in München vor dem Richter steht. Die bekommt alles ins Schuldenbuch geschrieben, was in den letzten 15 Jahren für die Sicherheitsbehörden blöd aussah und sich irgendwie als rechter Terror verkaufen lässt. Auffällig ist, dass der NSU sich augenscheinlich in einem geheimdienstlichen Dunstkreis befand und dort recht wohl und sicher fühlte. Was nicht wundert, wenn man sich anschaut, wie vehement von Politik und Sicherheitsbehörden Terror als Oberbegriff für die Vorfälle schnell und strickt ausgeschlossen wurde.

Dass damit Opfer verunglimpft, ja sogar verdächtigt wurden, die man wohl jetzt erstmalig von einem Richter befragen lässt, wirft weitere Fragen auf. Jedenfalls gibt es — aus meiner Sicht — eine Menge weitere Leute speziell auf der Seite derer, die beteuern, sie würden uns Bürger schützen und vertreten, die für meinen Geschmack ziemlich billig aus der Nummer rauskommen, wenn eine Entschuldigung Jahre später reichen soll. Und das nicht mal bei den Opfern, sondern nur in einem Untersuchungsausschuss.

Fraglos überzeichne ich jetzt womöglich wenn ich mich sorge, dass der unstreitige Terror einiger Wenigen dazu instrumentalisiert werden könnte, dass Staatsterror damit legitimiert wird. Fatalerweise haben wir gerade eine politische Verteilung im Bundestag, die das Äußerste ermöglichen würde. Hoffen lässt die etwas knifflige Verteilung im Bundesrat, aber es gibt ja diese Momente, wo sich über Parteigrenzen hinweg die Politiker-Sippschaft einig ist.

Ehe wir uns versehen, lässt sich alles unter der Fahne Terrorismus ansiedeln, was gerade nicht so in die Marschrichtung passt. Was spricht dagegen, dass man aus einem simplen Autounfall in der belebten Innenstadt einen gescheiterten Terroranschlag macht? Nichts. Ist alles nur eine Frage der Kreativität. Davon in dichter Folge ein paar Angriffe auf den Rechtsstaat und die Menschen sind so weich gegahrt, dass totale Überwachung und subtile Einschränkungen irgendwie total erstrebenswert erscheinen.

Dass die im Osten diesbezüglich etwas empfindlicher sind, lässt sich anhand der jüngeren Geschichte leicht nachvollziehen. Wurden Sie doch gerade erst von uns von diesem Joch befreit. Würden sie nicht so blöde Sprüche gegen Religionen und andere Kulturen vor sich her tragen, wäre Pegida womöglich für viel mehr Menschen attraktiv. Denn eine aktuelle Studie sagt dazu für Viele womöglich Überraschendes:

Das Hauptmotiv für die Teilnahme an PEGIDA-Demonstrationen ist eine generelle „Unzufriedenheit mit der Politik“.
Quelle: Wer geht zu Pegida und warum?

Klar. Da sind auch Prolls und Pöbler unterwegs. Die werden offenbar sehr zielsicher bei Befragungen mit Kamera rausgefischt. Und so ganz weg von den Islamsimus-Parolen sind die auf der Straße alle nicht. Lt. Studie haben 42% vorbehalte gegen Muslime bzw. dem Islam. Wäre interessant, was bei Muslimen in Deutschland heraus käme, wenn man sie nach Vorbehalten gegen die anderen hier befragt.

Nächstenliebe käme da als Ergebnis wohl ebensowenig heraus. Wobei die alle Weltreligionen teilen. „Was der Bauern nicht kennt, frisst er nicht“. Unser Land hat mit seiner Gastarbeiter-Politik dafür gesorgt, dass wir nicht aufeinander zugegangen sind. Was der Moslem wirklich ist, weiß der Standard-Germane eher kaum bis gar nicht. Dem aktuellen Medienbild nach ist es allerdings klar: Alles Terroristen!

Leider sehe ich nur wenige, die sich anschicken, diesen Eindruck gerade zu rücken. Wenn Frau Kanzler sagt: „Der Islam gehört zu Deutschland“ ist das ja ganz nett, aber damit wird die Bevölkerung nicht abgeholt. Sprüchen müssen Taten folgen. Weil Letzteres so auffällig fehlt, gehen die Menschen aktuell auf die Straße. Wofür — solange es friedlich und mit Respekt vor anderen und deren Meinung praktiziert wird — ist im Grunde fast egal. Hauptsache, politische Meinungsbildung und Äußerung kommt wieder mehr in die Hände derer, die laut Verfassung die Machthaber sind: dem Volk.