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Sollte man machen

Erstellt: 09.09.2015 Lesedauer 2 - 3 Min.

Heute morgen lief ein Beitrag bei NDR 2, in dem Reporter undercover die Mängel aufgedeckt haben (wollen), die bei der Betreuung von Flüchtlingen in Deutschland herrschen würden. Klar gibt es Mängel! Na und?

Wie würde wohl Frau oder Herr Reporter aus der Wäsche schauen, wenn mitten in der Woche unangekündigt 30 runtergerissene und müffelnde Gestalten vor der Tür stehen und sagen:

Hey, ich brauch jetzt ein Bett, ne Zahnbürste, was zu Essen und eine schicke Begrüßungsbroschüre ist ja wohl mal das Mindeste!

Die erste Frage im Raum wäre, ob Frau oder Herr Reporter womöglich erst mal die Tür panisch zuwerfen und so tun, als wäre niemand zu Hause. Doch selbst wenn alle rein dürfen und für alle wenigstens ein Glas da ist, mit dem mal ein Schluck Wasser einigermaßen zivilisiert angeboten werden kann: Spätestens bei Nummer 10 ist Duschgel alle. Wobei das sowieso nur sehr relativ ist, frische Klamotten als Alternative zu den Sachen der letzten 3.800 Kilometer sind mit viel Glück für ein paar, aber sicher nicht alle da.

Natürlich ist es Scheiße, dass wir nicht jeden mit einer vollausgestatteten Wohnung inkl. gefülltem Kühl- und Kleiderschrank samt privatem Dolmetscher begrüßen können. Aber das schaffen wir schon nicht für alle, die bereits hier sind. Was unter anderem auch an Frau und Herr Reporter liegt, weil dem schicken 300m² Loft in der Stadt sechs kleine Sozialwohnungen weichen mussten. Um die älteren Herrschaften, die dafür rausgeklagt wurden, macht sich Frau oder Herr Reporter eher ausnahmsweise mal Gedanken.

Mag sein, dass es für den ein oder anderen Ankömmling eine gewisse Irritation auslöst, wenn bei uns doch keine gebratenen Tauben vom Himmel fallen und aus allen Ecken wohlige Düfte aufsteigen. Willkommen in Deutschland heißt auch Willkommen in der Realität. Es tut mir leid, aber im für die Flüchtlinge mutmaßlich gelobten Land ist es in der Wirklichkeit etwas aufwändiger als für jeden Wunsch zweimal in die Hände klatschen.

Dass einen Flüchtling die Ernüchterung unvorbereitet trifft, findet durchaus mein Verständnis. Keine Ahnung, was ich für Erwartungen hätte, wenn ich mein Leben auf eine unbestimmte, beschwehrliche und für andere tötliche Reise geschickt hätte, damit ich wenigstens das behalte. Frau und Herr Reporter sollten das aber eigentlich wissen.

Außerdem sollten Frau und Herr Reporter sich darüber im Klaren sein, dass es die Willkommenshaltung in gewissen Kreisen kaum steigert, wenn die einfach nur stinken und überrascht schauen müssen, damit jemand für sie undercover einen Bericht macht und über die Zustände beschwert, während ich als Ureinwohner seit Jahren mit kleinen Kindern im letzten Loch wohnen muss, weil halt keine passende Sozialwohnung verfügbar ist.

Natürlich können wir in allem Besser werden. Sollten wir auch. Sich hinstellen und sagen, wie Scheiße das ein oder andere ist, fördert aber nur bedingt. Wenn heute irgend ein Amt einen lange geplanten Ausflug macht — was von Frau und Herr Reporter ebenfalls beklagt wurde —, dann ist das keine Ignoranz. Das ist genau das, was wir jetzt brauchen: eine gewisse Normalität. Wer bei uns ist, wird heute allenfalls noch einen Tag länger nicht so toll schlafen wie Frau und Herr Reporter.

Sie/er wird nicht beschossen, muss nicht im Mittelmeer schwimmen, kurz: sie/er hat es eigentlich geschafft. Damit das nachhaltig so bleibt, ist blinder Aktionismus keine Hilfe. Wenn Leute aus dem Amt einen schönen Ausflug hatten und dementsprechend morgen motivierte an den Job gehen, hilft das womöglich mehr, als solche moralindurchtränkten Beiträge.