Was man darf und besser trotzdem lässt
Jeder kennt die bunten Prospekte von Küchenausstattern. Der Markt ist hart umkämpft, da wird mit allen Mitteln versucht, den Kunden zu binden und dann ein schnelles Geschäft zu machen. Dabei gibt es ein paar Begleiterscheinungen, die zwar alle grundsätzlich erlaubt sind. Das macht sie aber nicht unbedingt richtig.
Eine sehr unschöne Gepflogenheit ist, dass der Kunde zwar gern nach einem Angebot fragen darf. Er bekommt aber keins. Was mich betrifft, wird das zukünftig das K.o.-Kriterium für den Anbieter sein. Wer den Vergleich scheut, muss Gründe haben. Dass typischerweise der vollumfängliche Vertragsinhalt eines Auftrags erst zugänglich wird, nachdem der Vertrag unterschrieben ist, kannte ich bisher nicht. Das es keine Ausnahme, sondern die Regel beim Küchenkauf zu sein scheint, legen diverse Foren-Einträge bei Rechtsportalen oder Verbrauchervereinen nahe.
Wenn nicht gerade der achtjährige Sohn unterschrieben hat, kommt man aus der Geschichte schwer bis gar nicht heraus. Es hängt im Wesentlichen von der Kulanz des Studios ab, ob ich wieder vom Haken komme. Allerdings gibt es ein paar Sachen, da sollte man sich doch zur Wehr setzen. Im konkreten Fall ist das ein Einbau-Backofen mit 3680 Watt Anschlussleistung.
Das ist erst mal keine Ding. Diese Leistung für einen Backofen ist angemessen. Unangemessen ist der dafür vom Hersteller vorgesehene Schuko-Stecker. Der ist zwar saupraktisch für das Küchenstudio, weil den darf der wie auch immer qualifizierte Mitarbeiter einfach einstecken. Nach VDE-Regeln darf das sogar sein. Rein rechnerisch passt es genau, ein Nachtrag aus dem Jahr 2008 (?) gibt den Küchenstudios hier einen Persilschein.
Allerdings gibt es da ein paar Grenzen, die jeder vernünftige Elektriker einhalten würde. So steht es bei Wikipedia im Klartext:
Somit dürfen Geräte mit Anschlussleistungen über 2000 Watt nicht über Schukostecker ausgerüstet sein. Höhere Belastung führt unweigerlich zu unzulässig hoher Erwärmung der Kontakte, die zu unerwünschten Schmor- bis hin zu Brandschäden führen können.
Wie war das ist, kann ich anhand eigenen Erlebens dokumentieren. Die gezeigte Steckdose musste mit mehreren Unterbrechungen (!) ca. 6 Stunden rund 3000 Watt liefern. Die Dose war frisch in der Wand, also ausgepackt, eingebaut, auf Funktion und Sicherheit geprüft. Vorweg durfte sie schon ein paarmal Strom für den Staubsauger rauslassen. Bis dahin kein Grund, im Wortsinn stinkig zu werden.
Wenn ich mir vorstelle, dass ein Schukostecker hinter dem Einbauschrank in der Küche so vor sich hinschmort, habe ich Ideen, warum es regelmäßig zu Küchenbränden kommt.
Was das Küchenstudio nicht davon abhält damit zu argumentieren, der Schukostecker sei erforderlich, damit der Servicetechniker sein Prüfgerät anschließen könne (!). Was die Frage aufwirft, warum der nur mit Schukosteckern arbeiten soll. Ein richtiger Elektriker schraubt einfach die Festanschlussdose auf, klemmt die Drähte um und misst.
Der Backofen-Hersteller positioniert sich ebenfalls sehr fragwürdig: Wer den Backofen elektrisch sinnvoll mit einem Festanschluss betreibt und dafür der Schukostecker abgeschnitten wird, verliert die Gewährleistung. Ein Grund, solche Geräte erst gar nicht zu kaufen.
Was die Problemlösung Küchenstudio betrifft:
Typischerweise hat man den Auftrag ja unterschrieben, weil man die Küche eigentlich will. Wenn dann im Nachgang solche Fragwürdigkeiten oder unbesprochene Details auftauchen, kann man es mit dem probieren, was die Studios eigentlich nur für sich selbst in den Auftrag reinschreiben: Der Vertrag kann nachgängig angepasst werden. Sowohl inhaltlich als auch im Wert. Weil Vertragsbestandteile aber einen Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligen dürfen, kann man sich genau damit wehren. Gleiches Recht für alle.
Wenn beispielsweise damit argumentiert wird, dass die Rahmenbedingungen nicht wie im Auftrag vorgesehen vorliegen oder erstellt werden können und deshalb alle Geräte aus dem Angebot rausgestrichen werden sollen, werden die Damen und Herren zumindest geschmeidiger.