Die Relevanz der Irrelevanz
George spricht mit Angela. Was können wir tun? ist seine Frage. Aber es hat Geschmäckle.
Bei George Clooney ist das sicher eine Herzenssache. Er engagiert sich seit Jahren, seine Frau Amal ist eine anerkannte Anwältin für Menschenrechtsfragen, diese Beziehung definiert sich (wahrscheinlich) in großen Teilen über ein gemeinsames humanitäres Interesse. Allerdings frage ich mich, warum ein Herr Clooney passend zu seinem Terminkalender einen Termin im Kanzleramt bekommt. Während viele Menschen ungehört bleiben, die sich hauptberuflich in diesem Bereich engagieren.
Natürlich. Es kann einer Sache sehr zuträglich sein, wenn ungeliebte Themen von geliebten Stars in den Fokus gebracht werden. Wenn die dann noch gut aussehen ‒‒ bei Amal und George ist für jede(n) was dabei ‒‒ ist das Promo pur. Schade nur, dass es das braucht. Denn das Schicksal anderer Menschen sollte uns auch ohne dieses (fraglos ehrenwerte) Engagement interessieren.
Was mich sehr nachdenklich stimmt ist die Tatsache, dass in den Nachrichten nicht Frau Merkel Herrn Clooney in seiner Funktion als Lobbyist des International Rescue Committee empfängt. Nein. George geht eine Stunde zu Angela. Weil er von der Präsentation seines neuen Films nicht ausgelastet ist und das Kanzleramt eh um die Ecke ist. Jedenfalls könnte man diesen Eindruck bekommen.
Dass sich dabei gemeinsame Interessen getroffen haben und Angela es sicher genossen hat, dass sie für ihre Haltung zur Flüchtlingsfrage mal nicht angepault wird, sowie die Tatsache, dass Familie Clooney in diesen Sachen nachweislich sehr ernsthaft ist, lassen das in den Hintergrund treten. Es zeigt aber eine absurde Verdrehung der Relevanz. Kämen wichtige Leute vom Roten Kreuz, Roten Halbmond und anderen Organisationen zur Kanzlerin wegen genau des gleichen Themas, wäre das mutmaßlich allenfalls eine Randnotiz.
Das wäre wahrscheinlich in den Medien überlagert vom fetten Hintern einer Tante aus den USA, die als einziges Talent einen fetten Hintern hat. Oder der neuen Blondine, die augenscheinlich bekannt ist, an der Seite eines mir nur deshalb Bekannten, weil der einer anderen, mir ebenfalls nur deshalb Bekannten ein Kind gemacht und sie dann verlassen hat. Objektiv gesehen alles Menschen ohne besondere Eigenschaften, die allein mit Druckerschwärze, respektive #FF0000; bzw. #000000; in ziemlich fett in den sozialen Medien sowie der digitalen Presse hochgejubelt wurden.
Dass ich hier keine Namen schreibe, liegt schlicht daran, dass ich sie tatsächlich nicht weiß. Was ich meinerseits nicht einmal bedaure. Weil´s mich nicht interessiert, wenn jemand sich nur über die Schlagzeile definiert. Wobei es meinem Blog womöglich helfen würde, wären die Namen eingestreut. Womit ich den sinnfreien Hype bedienen würde. Ein sinnvoller Grund, erst gar nicht danach zu suchen. Das soll jedoch keine Verteufelung von Unterhaltung oder Unterhalter(inne)n sein. Das ist Ausdruck einer Freiheit, für die Menschen eine lebensgefährliche Flucht antreten. Mich irritiert jedoch die Reihenfolge der Relevanz von Dingen bei einer augenscheinlich zunehmenden Zahl Menschen.