Ermächtigungsgesetz
Nachdem in Bayern die Bürgerrechte nur noch ein Wort im Wörterbuch sind, will Niedersachsen als nächstes Bundesland den Polizeistaat voran bringen.
Das hat schon Geschmäckle, wenn Politiker jeder Couleur sich über die eingeschränkten Bürgerrechte in China echauffieren, während sie selbst an Gesetzen mitschmieden, bei denen eigentlich nur noch die „straffreie, präventive Tötung potenziell Verdächtiger“ als notwenige Maßnahme gegen den internationalen Terrorismus fehlt.
Das mag überzogen klingen. Doch wenn Experten (noch) äußern (dürfen), dass Fußfesseln oder Staatstrojanern eine hinreichende Begründung für die Notwendigkeit fehlt oder niemand darüber informiert werden muss, dass sie oder er abgehört wurde, ist es bis dahin nur noch ein kleiner Schritt. Das geplante Gesetz hat deutlich totalitäre Züge. Der „internationale Terrorismus“ öffnet die Tür für Staatsterror.
Wer glaubt, es ginge doch nur um ein bisschen in Daten schnüffeln, der sollte sich fragen, wie er es fände, wenn er zu Hause einen Unbekannten dabei erwischt, der an der getragenen Unterwäsche schnüffelt. Es dient natürlich ausschließlich dem Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Das klappt besonders gut mit dem Schlüpper von Lischen Müller über dem Kopf.
Wer diesen Gedanken weiter treibt und sich vorstellt, dieser verschwitzte, unerwünschte, bärtige Jemand hatte seine Visage auch in der vermeintlich frischen Wäsche, die heute morgen nach dem Duschen übergestreift wurde, hat wahrscheinlich in etwa das passende Gefühl: Unbehagen.
Fraglos ist es ein Dilemma, einerseits den Bürger schützen zu wollen wenn der gleichzeitig das Recht auf Privatsphäre einfordert, sowie Respekt vor seinen Bürger- und Grundrechten. Doch alle drei allein wegen der Gefahrenabewehr in die Tonne hauen, macht aus einer verteidigungswerten Demokratie eine Bananenrepublik.
Das Staatsfernsehen wurde bereits gesichert. Jetzt fehlt eigentlich nur noch die Chuzpe, das ganze so zu nennen, wie es tatsächlich heißen müsste: Ermächtigungsgesetz.
Ich habe großen Respekt vor der (unterbezahlten) Arbeit der Polizistinnen und Polizisten. Sie sorgen dafür, dass die Anderen gut schlafen können. Ob ihnen mit diesem Gesetz tatsächlich geholfen wird, zweifle ich stark an. Das befriedigt die Interessen anderer und macht das Leben und die Arbeit der für uns sichtbaren ausführenden Organe aus meiner Sicht eher schwieriger.