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Jung,Weiblich, Europa

Erstellt: 12.02.2018 Lesedauer 2 - 3 Min.

Eins kann die SPD wirklich perfekt: Einen desolaten Eindruck vermitteln.

Während die Einen das Ende der Personaldebatte fordern, schüren die Anderen das Feuer fleißig. Frau Schleswig betont beispielsweise, dass die Führung der Partei schnellstmöglich an Frau Nahles gehen solle, weil das der Partei ein junges, weibliches Gesicht verleihe. Wenn ich mir ansehe, wie es denen ergangen ist, die bei der SPD in der letzten Zeit auf Empfehlung einen Job bekommen haben, läuft das auf einen Bärendienst hinaus. Es könnte genausogut ein taktischer Zug sein, denn aktuell sind die Basis-Genossen ziemlich genervt und tendieren zum Gegenteil der Empfehlungen aus der Spitze.

Der Martin hat erkannt, dass er der Partei nur noch einen Dienst erweisen kann, nämlich schnellstmöglich irgendwie von der Rampe zu klettern, auf die er sich geschmeichelt heben ließ, um von dort freudig zu winken und schwadronieren. Vom Gott-gleichen Heilsbringer zur Persona non Grata in weniger als einem Jahr – das ist sogar für SPD-Verhältnisse schnell. Allerdings halten sich Vorsitzende bei dieser Partei tendenziell eher kurz. Der letzte Langläufer war – wär hätt´s gedacht – der Sigmar. Also der, dessen Empfehlung den Martin aus der vergeistigten Europa-Politik in die Niederungen der Realpolitik holte. Womöglich war das schlicht verkehrt herum, denn mit euphorischen Ideen ist Tagespolitik kaum machbar.

Mit „weiblich und jung“ mag die SPD mal was Neues versuchen. Wäre ja durchaus an der Zeit, die CDU hat ihr da auf voller Breite schon vor Jahren den Rang abgelaufen. Die ist deutlich später gegründet als die SPD und hat seit 2000 eine Frau an der Spitze und die sogar zur Kanzlerin gewählt und dann auch noch eine aus dem Osten. Wenn man die historischen Kernthemen der Parteien vergleicht, ein harter Tiefschlag. Allerdings könnte es daran liegen, dass Frauen beim Thema Macht tendenziell etwas zurückhaltender und cleverer sind. Vor allem haben die meisten ein gesundes Gespür für Gefahr und überlegen sich das deshalb dreimal. Wenn sie dann erst mal zugreifen, sehen Männer meistens ziemlich alt aus. Frau Kanzler macht es vor: kein CDU-Kerl hätte 2000 gewettet, dass sie 2018 noch an der Spitze steht.

Mit der Fokussierung auf Europa begeht die SPD womöglich einen Kardinalfehler, den der oder die nächste Vorsitzende aks dicke Hypothek an der Backe hat. Damit verlegt sie sich verbal weg von dem, was die Menschen vor Ort interessiert. Vor lauter Europa fühlt sich die Basis mutmaßlich sowohl personell als auch thematisch abgehängt. Was die Stimmung dort erklärt. Ob der Abtritt von Europa-Gesicht Martin schon ausreicht, wird sich zeigen.

In der griechischen Mythologie ist Europa ein blutjungest Mädchen, dass sich von einem Stier entführen, einem alten Mann schwängern lässt, als Alleinerziehende einen impotenten König um den Finger wickelt und so die Kinder wirtschaftlich absichert. Dann verschwindet sie von der Bildfläche.

Es ist sicherlich vernünftig, sich mit europäischen Themen auseinander zu setzen. Allerdings hat die Partei ein „D“ im Namen. Wenn sie das weiter vernachlässigt könnte es sein, dass sie ebenso gefickt, allein gelassen und vergessen wird. Doch mangels König wird sie elend zugrunde gehen. Denn für Parteien gibt´s kein Harz IV.