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Verbrauchsmittelentwendung

Erstellt: 02.06.2019 Lesedauer 2 - 3 Min.

Schon in der Bibel steht „Wenn du in den Weinberg eines andern kommst, darfst du so viel Trauben essen, wie du magst, bis du satt bist, nur darfst du nichts in ein Gefäß tun.“ War das der Anstoß für den Hamburger Justizsenator?

🔍 Essen aus dem Container?
Allerdings zeigt das Zitat aus dem 5. Buch Mose eine klare Grenzen auf: „nur darfst du nichts in ein Gefäß tun“. Der Hamburger Justizsenator hat sich wohl gedacht: na prima! Da steht nix von aus einem Gefäß herausnehmen. Vielleicht soll deshalb „containern“ jetzt legalisiert werden. Also das, was bis 1975 im Strafgesetzbuch 370 Nr. 5 „Verbrauchsmittelentwendung“ hieß, volkstümlich auch „Mundraub“ genannt.

Die Zeit titelt mit „Hamburg will Containern legalisieren“ um sich dann dem Thema Lebensmittelverschwendung zuzuwenden. Vermutlich, weil im Fernsehen immer nur Berichte von Leuten gezeigt werden, die – angeblich – aus Überzeugung „containern“, als „Statement gegen das Wegwerfen von Nahrungsmitteln“ die durchaus noch essbar, halt etwas unansehnlich oder schlicht über das Mindesthaltbarkeitsdatum gekommen sind. Allerdings vermute ich, die vorgeschobene Überzeugung klingt einfach heroischer als „der Hunger hat mich in den Container getrieben“.

Mag sein, dass der ein oder andere das nach dem Studium oder Harz IV weiter betreibt, weil er sonst keine Hobbies hat, die Stadt sonst keine Abenteuer bietet, die Kinder Spaß dran haben, das spannender ist als normal einkaufen oder einfach dieser gärig moderige Geruch eines Restmüll-Containers, der von der Kleidung dankbar aufgenommen wird und einen dann nachhaltig umgibt, bizarre Phantasien der Restmüllbehälter-Tauchers bedient. Wenn dafür keine richtigen Straftaten in Form von Sachbeschädigung durch Zäune aufschneiden, Türen aufbrechen, et cetera begangen werden, könnte es uns tatsächlich egal sein. Es gibt ja auch Leute die Bäume umarmen oder bei Vollmond nackig auf einer Waldwiese tanzen, weil ihnen das eine innere Befriedigung verschafft. Tut objektiv keinem weh.

Wenn allerdings ein Hamburger Justizsenator darüber nachdenkt, dass in unserer auf Konsum und Überfluss ausgerichteten Gesellschaft die Nutzung weggeworfener Lebensmittel – auch Müll gehört irgendwem – keine Straftat mehr sein soll, treibt ihn wohl kaum die Idee, dass er die Stadt mit einer neuen Touristenattraktion bereichern will. Das klingt für mich mehr nach dem Eingeständnis des politischen Versagens, weil in einem der reichsten Länder dieser Erde die relative Armut unter den Menschen unübersehbar zunimmt.

Das verrät der Alternativ-Vorschlag „Wegwerfverbot für Supermärkte“, mit dem das Container-Diving unattraktiv werden soll. Zumindest für diejenigen, die es bisher wegen der Essensreste gemacht haben. Die Duft-Fanatiker wird es kaum aufhalten. Weil der Staat versagt, sollen es „gemeinnützige Organisationen“ richten. Klingt nach Lösung, ist jedoch lediglich zynisches Verschieben eines Problems aus dem Sichtbereich derer, die „sowas“ stört. Erinnert mich an das Zensursula-Schild gegen Kinderpornos im Internet.

So ist halt Politik. Da haut man was raus, wohl wissend, dass man selbst keinen Finger dafür krumm machen wird. Sollen andere machen. Für Menschen, die sich bei gemeinnützigen Organisationen engagieren, ist die so von Politikern eingeforderte Lebenszeit eine dreiste Form der „Verbrauchsmittelentwendung“, die gesellschaftliche Fehlentwicklungen kaschieren soll, für die eben diese Politiker verantwortlich sind.

Das Bild stammt von Pixabay.