Wenn Worten keine Taten folgen
… oder Taten den Worten widersprechen. Das wird uns gerade mit der Nominierung von Frau von der Leyen als potenzielle EU-Kommisionspräsidentin im Großformat zelebriert.
Wenn sich Frau von der Leyen in Ihrem Twitter-Account-Profil als „mother of seven“ feiert, stehen mir die Haare kraus. Meine Mama hat zwar „nur“ sechs Kinder unfallfrei groß bekommen. Für das, wofür wir Frau von der Leyen öffentlich wahrnehmen, wäre bei meiner Mama jedoch keine Zeit gewesen. Sie hatte keinen „Hofstaat“ zur Verfügung, der Ihr den Rücken für eine politische Karriere freihielt. Selbst Mütter nur eines Kindes wissen, dass für „Mutter und Beruf“ gerade von Frau von der Leyen in Ihrer Funktion als Arbeitsministerin (2009 bis 2013) keine situationsverbessernden Impulse ausgingen.
Das wird an unterschiedlichen Realitäten liegen, in denen sich „das Volk“ und Frau von der Leyen bewegen. Vielleicht hat es daher in der kurzen Zeit als Familienministerin (2009) nur zu einem plakativen „Zensursula“-Beitrag gereicht, statt echter Lösungen für die alltäglichen Problemen z.B. von alleinerziehenden Müttern. Ich habe in ihr bereits 2013 die „Lady Goodforeverything“ gesehen. Bereits da war sie als Meisterin des gut getarnten Flurschadens bekannt, eine Schneise des Unvermögens hinterlassend. Dennoch fällt sie – wenn es hochkocht – weiter nach oben. Das ist der einzigen mir bekannten außerordentlichen Fähigkeit von ihr geschuldet: das Vakuum in epischer Breite mit emphatisch und kompetent klingenden Worten füllen.Dabei wissen wir es doch schon länger besser. Wobei „wir“ so eine Pauschalierung ist, derer sich „solche Leute“ bedienen. Denn wenn in der Politik jemand „wir“ oder „man“ sagt, weiß jeder ehrlich arbeitende Mensch, dass „jemand anders als ich“ gemeint ist. Daher zur Begriffsverortung: in diesem Beitrag sind mit „wir“ die Menschen in der realen Welt gemeint.
„Wir“ sind diejenigen, über deren Sorgen und Nöte die Politik redet, während kaum jemand in der Politik selbst diese Sorgen und Nöte tatsächlich kennt und was das für Betroffene bedeutet.
Erschreckend Wenige im aktuellen Politik-Betrieb haben irgend wann mal in ihrem Leben „richtig gearbeitet“, was zumindest einen entfernten Bezug zur Mehrheit der Menschen herstellen könnte, für deren Wohlergehen sie Verantwortung tragen. Wenn eine Frau von der Leyen dann auch noch gesagt haben soll, dass Teile ihrer eigene Dissertation nicht den Ansprüchen entsprächen, die sie selbst an sich stelle1, darf bezweifelt werden, dass sie sich selbst zuhört.
Zumindest liefert das eine Erklärung dafür, warum diese Frau immer lächelnd durch die Gegend läuft und nur für Kameras einen ernsten Blick aufsetzt, wenn die Situation es als geboten erscheinen lässt. Wer so lässig mit seinen Ansprüchen an die eigene Leistung und damit verbundener Verantwortung umgeht, hat keine Wahl. Der muss in die Politik. Nur da gibt es – mit passendem realen und politischem Stammbaum – für konsequentes Versagen aber gekonntes Schönreden die Chance auf Applaus, Ansehen, Privilegien und Berater-Verträge.
Es bleibt die vage Hoffnung, dass das EU-Parlament den vor der Wahl proklamierten demokratischen Prinzipien treu bleibt. Die offensichtlich betriebene politische Taktiererei sollte dahingehend abgewogen werden, wie viel Glaubwürdigkeitsverlust in der Bevölkerung die EU als Institution in ihrer aktuellen Verfassung aushält.