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Was sind „Diverse“?

Erstellt: 12.10.2020 Lesedauer 3 - 4 Min.

In der Gender-Diskussion finden sich Menschen mit klarer Orientierung zunehmend in einer Verteidigungsnot, weil sie sich wohlfühlen, so wie sie sind.

🔍 Gerade die Vielfalt macht einen Blumenstrauss wirklich schön.
Früher war die Welt einfach. Da gab es Mädchen, Jungen, Frauen und Männer. Es wurde allenfalls hinter vorgehaltener Hand geraunt, Männer könnten Männer oder Frauen könnten Frauen lieben. Das war „bäh“, konnte Beteiligten das Leben kosten. Das ist in einigen Ländern der Welt noch immer so. Da gibt es keine Gender-Diskussion, sondern ein weiterhin schlichtes Weltbild von Mann, Frau, gut, schlecht.

Ein derartiges Weltbild mag für Manche das Leben vereinfachen. Wobei es erst durch diese Simplifizierung kompliziert wird. So wie im Tierreich keiner einen Aufstand macht, wenn sich Männlein mit Männlein oder Weiblein mit Weiblein vergnügen, gibt es keinen objektiv sinnvollen Grund oder gar die Notwendigkeit, Menschen dieses Glück zu verweigern. Es ist objektiv gleichermaßen belanglos, ob ein Mensch seine Identität als Baum oder Staubsauger definiert. Letztendlich kann es dem Rest der Welt weitestgehend egal sein, was Einzelne glücklich macht.

Ausgerechnet in christlichen Gruppen gibt es auffallend oft eine heftige Intoleranz gegen „Andere“, obwohl die Bibel diesbezüglich ziemlich eindeutig ist. Luther verpackte es in den griffigen Spruch

»Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg’ auch keinem andern zu.«
Quelle: Etikseite.de

Doch es war und ist leider noch immer eine Definitionsfrage ihrer Umwelt, ob Menschen wirklich so leben dürfen, wie sie mögen. Selbst wenn sie das für die Menschen um sich herum gleichermaßen gelten lassen. So wie vermeintlich „Andere“ von vermeintlich „Normalen“ geschmäht werden, schmähen deshalb „Andere“ im Gegenzug „Normale“. Was im Kern völlig in Ordnung ist: Gleiches Recht für alle: Wenn ich dich Scheiße finde, darfst du mich Scheiße finden. Das ist für sich betrachtet kein Problem. Mit jedem Tag im Leben wächst ohne großes Zutun die Zahl derer, die einem egal sind.

Doch das sollten sie dann bitte auch sein: Egal.

Wer auf Menschen herumtrampelt, kann schon allein deshalb in keiner Weise moralisch überlegen sein oder „Recht haben“. Die eigene Version von „richtig“ ist kein Freifahrtschein für die Diffamierung, Beleidigung, Ausgrenzung oder Bedrohung anderer.

Es ist schon eine Weile her. Aber wenn beispielsweise eine Frau Rowling sich – für meinem Geschmack – mit einer fragwürdigen Haltung zu Transgender-Frauen solidarisiert, ist das lediglich ein markantes Indiz für die Grenzen menschlicher Vorstellungskraft. Selbst bei Menschen mit nachweislich außerordentlich viel davon. Allerdings gibt es diese Grenzen gut erkennbar auf beiden Seiten. Denn so wie sich ein Mensch statt als Mann als Frau oder Waschbär wahrnehmen kann, kann sich ein anderer Mensch dadurch bedroht fühlen.

Die gesamte Gender-Diskussion basiert letztendlich auf gegenseitiger Ausgrenzung. „Ausgrenzung andersrum“ ist daher genauso armselig, womöglich sogar noch armseliger, weil die Ausübenden es eigentlich besser wissen sollten. So zu agieren tauscht lediglich die Betroffenen aus, in der Sache bringt es keinerlei Fortschritt.

Gleichermaßen erscheint mir die Forderung des „Klos für Diverse“ neben „Herren“- und „Damen“-Toiletten falsch, verstärkt es doch lediglich die Ausgrenzung. Das „Klo für Alle“ muss das Ziel sein. Wenn es keine Klassifizierung von Menschen für den Toilettenbesuch mehr gibt,, ist es belanglos, ob es ein Mensch benutzt, der sich als Mann, Frau, Katze oder irgend was dazwischen wahrnimmt.

Gesunde zwischenmenschlichen Beziehungen funktionieren durch Zulassen unterschiedlicher Sichtweisen. Was keine Zustimmung bedeutet. Allein der Wunsch des respektvollen Umgangs mit der eigenen Meinung erfordert jedoch, dies anderen gleichermaßen zuzugestehen. Das ist allerdings mehr als „höflich ausreden lassen“. Es bedeutet, den eigenen Standpunkt mit der Meinung anderer bewerten. Wer sich dem verweigert, kann nie mehr als Krawall erzeugen, der nur zur Verhärtung von Fronten führt. Wir müssen uns gegenseitig eine von jedem selbst definierbare „Wohlfühlzone“ zugestehen, in der die Wohlfühlzonen der anderen respektiert werden. Zumindest, wenn das von diesen für die eigene genauso gehandhabt wird (s.o.). Damit würde sich weit mehr als nur die Gender-Debatte fundamental entspannen.

Im Grundgesetz heißt es „Alle Menschen sind [vor dem Gesetz] gleich.“ Was nach „Gleichmacherei“ klingt.
Die Mütter, Väter und Diversen des Grundgesetzes hätten es aus heutiger Sicht womöglich etwas anders formuliert: „Alle Menschen werden gleich behandelt“.
Sobald eine Gesellschaft wie die unsere großen Wert auf die Individualität jedes Menschen legt, ergibt sich zwangsläufig eine außerordentliche Diversität. Demnach können Menschen aus ihrem Selbstverständnis heraus keinesfalls „gleich“, „nur Mann“ oder „nur Frau“ sein. Wir sind alle „divers“.

Das Bild stammt von Pixabay.