Herzlichen Glückwunsch?
»Sie wurden ausgewählt!« – so lockt die Betreff-Zeile einer E-Mail, die heute morgen im Postfach liegt. Nur noch einen Knopf »Ja, ich will mitmachen« anklicken. Seltsam: Ich wurde doch bereits ausgewählt, oder?
Bei genauerem Hinsehen wurde ich lediglich ausgewählt, damit ich an einer Verlosung teilnehmen und einen Einkaufsgutschein gewinnen kann.Wie die Auswählenden an meine E-Mail-Adresse gekommen sind – insbesondere, wenn ich beim vermeintlich anbietenden Unternehmen nie eine hinterlassen habe – könnte eine Frage für den Datenschutz-Beauftragten sein. Doch weil unklar bleibt, wer mir die E-Mail tatsächlich geschickt hat, ist das eine akademische Frage.
Eins macht mich stutzig. Der angezeigte Absender heißt »Herzlichen Glückwunsch!«. Welche Eltern nennen ihr Kind denn bitte »Herzlichen«? Mit dem Nachnamen? Können Menschen so grausam zu ihren Kindern sein?
Die Untersuchung des E-Mail-Headers offenbart: Vermeintlich habe ich mir diese E-Mail selbst geschickt! Zumindest ist die Empfangsadresse mit der Absende-Adresse identisch. Der angezeigte Name ist »Fake«. Das beruhigt mich. Kein Mensch muss unter diesem Namen leiden, der nur Fragen auslöst.
Bleibt das ungelöste Rätsel, weshalb ich mir selbst eine E-Mail schreiben sollte, in der ich mich dafür beglückwünsche, an einer Verlosung für einen 200 Euro-Gutschein eines Unternehmens teilzunehmen, zu dem es keinerlei geschäftliche Beziehung gibt. Der „Mitmach-Link“ führt zu einer „storage.google.apis.com/…“-Adresse. Langsam dämmert mir: Da will mich jemand hinter die Fichte führen.
Wahrscheinlich kann ich keinen 200 €-Gutschein, sondern nur einen Kugelschreiber mit meinem Namen drauf gewinnen. Der wird mir zu allem Überfluss bestimmt erst zugesandt, wenn ich meine Kontonummer übermittelt habe, damit davon die Versandpauschale abgebucht werden kann.
Doch wer eine E-Mail mit » Herzliche Grüße« beendet und wohl glaubt, ein Zahlenrätsel am Ende einer E-Mail sei lustig, hat keine Etikette. Am liebsten würde ich den auf meine E-Mail-Blacklist setzen – doch mich selbst blacklisten erscheint mir befremdlich.
Weshalb eine Spam-Regel Post aussortiert, wenn zwar meine E-Mail-Adresse als Absender verwendet wird, doch der Absendende Server in Timbuktu oder sonstwo steht.
Von dort ist der Versand eines Kugelschreibers bestimmt verdammt teuer.
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