Jobpflicht für Arbeitslose?
Herr Linnemann von der CDU will die „Bringschuld“ gegenüber dem Sozialstaat stärken und eine „Jobpflicht“ einführen. Wie so oft bei Vorschlägen von Vizevorsitzenden einer Partei, ist das ein weiterer vom „grünen Tisch“.
Es mag Menschen geben, die es sich mit dem Bürgergeld „einrichten“. Die von Herrn Linnemann postulierte Forderung unterstellt allerdings allen Bürgergeld-Beziehenden Schmarotzertum. Das wird aus entsprechenden Lagern sicher Applaus provozieren. Wenn es ihm darum ging, ist der Vorschlag eine Punktlandung.Der Haken an der Sache: Daraus eine „Jobpflicht“ ableiten, wird so manchen Bürgergeld-Beziehern ausgesprochen zusagen. Denn im Umkehrschluss bedeutet es nach spätestens 6 Monaten erfolgloser Jobsuche eine „Jobgarantie“ vom Staat. Genauer: Von der Heimat-Gemeinde. Das macht die Luft dünn für Herrn Linnemann.
Der Ansatz, Arbeitsuchende müssen ihre „Bringschuld“ in der Gemeinden abarbeiten, klingt aus dem gut alimentierten Parlamentsstuhl ohne Blick nach draußen zwar schlüssig. Doch wer bezahlt das am Ende? Die Kommunen haben chronisch leere Kassen und sind tendenziell eher „Freisetzende“ statt „Anbietende“. Wenn Gemeinden nun Bürgergeld-Empfängern auch noch Jobs anbieten müssten, die gerade erst mühevoll abgebaut worden sind, stellt das Gemeinden gleich vor mehrere Hürden:
- Unter Mindestlohn gäbe es sofort Klagen, der ist gesetzlich garantiert.
- Das „Pflichtangebot“ dürfte für viele wirtschaftlich erheblich attraktiver sein als das Bürgergeld. Weshalb es ein nachhaltiges Interesse an einer „Jobangebotspflicht“ durch die Gemeinde geben könnte.
- Typischerweise häufen sich dort Arbeitslose, wo es an Arbeit mangelt, die Stadtkasse also aufgrund geringerer Kaufkraft noch leerer ist als anderswo. Deshalb geht schleichend weiteres Gewerbe verloren, mit dem die Stadtkasse gefüllt werden könnte.
- Es dürfen keine Jobs angeboten werden, die zu den (verbliebenen) Gewerbesteuerzahlenden in Konkurrenz stehen – das wäre kontraproduktiv. Häufig gäbe es bestenfalls dort Arbeit, mit dem sich das für die öffentliche Hand relevante Gewerbe noch halten kann (Straßenreinigung, Fenster- und Gebäude-Reinigung, Grünflächenpflege,…). Aber:
- Ahnungslose Büromenschen als Gärtner beschäftigen ruiniert die Grünanlagen.
- Wenn das Geld knapp ist, sind klinisch saubere Bürgersteige und Fenster das letzte, was die Gemeinde braucht.
- Bei manchen gibt es objektiv nachvollziehbare Gründe, weshalb sie keiner beschäftigen will. Blöd für die Gemeinde, wenn sie es muss.
- …
Der „vernünftige Umgang mit Geld“ wird durch Beschlüsse und Vorschläge von Parlamentariern regelmäßig konterkariert. Der Vorschlag vom Mitglied des Bundestages in der CDU-Fraktion und dessen Vizevorsitzenden Herrn Linnemann, Bürgergeld sparen und statt dessen die Gemeinden noch stärker ausbluten, ist kein vernünftiger Umgang mit Steuergeld. Das erinnert mich an die Geschichte, bei der eine Kerbe im Bootsrand die Stelle markiert hat, an der die Glocke im See versenkt wurde.
Das (Ausgangs-)Bild stammt von Prateek Katyal.