KI für die Verwaltung?
In einer Nachrichtensendung wurde die Frage aufgeworfen, ob unsere Verwaltung mit KI schlanker und schneller werden könnte. Eventuell hätten die Journalisten vorher eine KI fragen sollen. Dann hätten sie – eventuell – erfahren, wie die Frage am Problem vorbeigeht.
Allein die qualifizierte Einschätzung einer aktuellen Information zur Arbeitsweise von Behörden hätte die Frage erübrigt:Mir ist keine papierbasiert arbeitende KI bekannt. Eine Kernvoraussetzung, damit der Gedanke an KI kein völlig bescheuerter ist, heißt »Digitalisierung«. Wenn Studenten Formulare online befüllen, braucht es keine künstliche Intelligenz für die Bearbeitung. Die Bedingungen sind klar definiert, das bekommen Computer schon seit Jahrzehnten mühelos hin.
Mit etwas klassischer Software und den Daten dort, wo sie erhoben wurden – digital in einem Computer – ist KI überflüssig für die Bearbeitung von Anträgen.
Das Problem: Es würde unfassbar viel Arbeitskapazität freisetzen. Mit der Frage, was damit sinnvoll angestellt werden könnte. Wer bisher tagein, tagaus lediglich Häkchen oder Kreuzchen hinter ausgefüllte Felder gemacht und anschließend gezählt und damit über die Genehmigung entschieden hat, empfiehlt sich nur eingeschränkt für höhere Aufgaben.
Wobei »Verwaltung« nur auf den ersten Anschein hin kein besonders kreativer Moment innewohnt. Wie sonst ist erklärbar, dass für Normalsterbliche identische Vorgänge abhängig von Ort, Bundesland und Tagesform des Bearbeiters teilweise völlig unterschiedliche Herangehensweisen erfordert? Als „Grenzgänger“ zwischen Brandenburg und Berlin wurde mir das mit einem Stapel unterschiedlicher Formulare (natürlich Papier) verdeutlicht. Wer ein Auto in Berlin kauft, aber in Brandenburg zulassen will, benötigt je nach Landkreis das passende Formular – immerhin hatte der Verkäufer den Durchblick.
Wer Unterlagen für sein altes Auto benötigt, kann sich in Oberhavel (Oranienburg) einen Online-Termin reservieren mit E-Mail-Erinnerung, wann und was mitgebracht werden muss. Wirkt erst einmal ausgesprochen digital. Doch währenddessen wird erschreckend viel Papier produziert.
Was mir egal sein kann. Während sich irgendjemand damit anschließend herumschlagen muss, lässt sich mein Tag mit sinnvollerem verbringen, als seitenlange Formulare ausfüllen oder in Warteschlangen stehen. Die entstehen für den Bürger unsichtbar auf den Schreibtischen. Womit klar ist, weshalb es nur in kleinen Zeitfenstern „Kundentermine“ gibt. Die restliche Zeit verbringen die Beamteten – wahrscheinlich – mit „abheften“.
In der Nachbargemeinde wurde eine „Abholstation“ aufgestellt, mit der Bürger außerhalb der schmalen Zeitfenster für „persönlichen Kundenkontakt“ Unterlagen abholen können. Welcher bürokratische Aufwand als Hürde vor dem Griff ins Fach überwunden werden muss, sei dahin gestellt. Es ist letztendlich das Betonieren des „Papier-Standards“: Unsere Verwaltung hat keine Lust, keine Kompetenz, kein gemeinsames Interesse an Digitalisierung. Das könnte sichere Arbeitsplätze gefährden.
Deshalb dürfte jede leidlich kompetente KI auf die Frage, wie KI in der Verwaltung eingesetzt werden könnte, antworten muss:
»Bitte stellen Sie diese Frage erneut, wenn die Verwaltung Deutschlands vollständig digitalisiert ist.«
Was absehbar noch ein paar Jahrzehnte dauern könnte, wenn es bei den zwischenzeitlich geplanten 3,3 Millionen pro Jahr dafür bleibt. Das ist gerade mal 1 % des bisherigen – eh schon lächerlichen – Budgets für diese Herkules-Aufgabe. Wenn sich dann jedes Bundesland selbst darum kümmern will, werden bei einem Umzug in ein anderes Bundesland dort bergeweise Unterlagen ausgedruckt, damit sie in der neuen Heimat wieder abgetippt werden können.
Irgendwer hat vor Jahren womöglich statt „Plattenspeicher“ für die Datenablage „Blatt-Speicher“ verstanden. Daran wird konsequent festgehalten…
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